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Christian Mayers Doppelstern Katalog von 1779 und 1781

Eine Revision von J.S.Schlimmer (2005-2009, 2020)

Allgemeines

Der erste Doppelsternkatalog geht auf den Mannheimer Astronomen Christian Mayer zurück. Mayer veröffentlichte in seinem Buch
"De novis in coelo sidereo phaenomenis in miris stellarum fixarum comitibus" im Jahre 1779 eine Tabelle mit 72 Doppelsternen [1]. Bereits zwei Jahre später erschien diese Tabelle in Johann Elert Bodes "Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1784" unter dem Titel "Verzeichnis aller bisher entdeckten Doppeltsterne" [2]. Der ursprünglichen Tabelle von 1779 hatte Bode weitere 8 seit langem allgemein bekannte Doppelsterne hinzugefügt. Das Verzeichnis in Bodes Jahrbuch enthielt somit 80 Doppelsterne. Allerdings sind in Bodes Jahrbuch die Abstände nur sehr grob wiedergegeben. Für seine Beobachtungen benutzte Christian Mayer einen 8 Fuß großen Mauerquadranten von John Bird.


Abbildung 1 : Christian Mayers Tabelle mit 72 Doppelsternen von 1779 [1]


Über die Revision von Mayers Katalog (Revision 1.0 und Revision 2.11)

Bei vielen Sternen in Mayers Verzeichnis ist der Name nicht eindeutig beschrieben. Dafür nannte Mayer aber stets die Koordinaten des aufgeführten Doppelsterns oder des nächst helleren Nachbarsterns für das Jahr 1778. Durch die Präzession der Erdachse verschoben sich die Sternpositionen mit der Zeit, so dass die Angaben nicht mehr mit den heutigen Positionen überein stimmen. So hat sich zum Beispiel die Position von Gamma Arietis in der Zeit von 1778 bis zum Jahr 2000 um rund 12 Minuten in Rektaszension und etwa um 1° in Deklination verändert. Zur genauen Identifizierung mussten daher zunächst alle Positionen von 1778 auf die heutigen Positionen transformiert werden. Die Identifizierung war Gegenstand der Revision 1.0.

In seiner
"Tabula Nova Stellarum Duplicium" von 1779 [1] führte Mayer seine Beobachtungsergebnisse exakt auf. Diese sind daher Grundlage der Revision 2.0, die sich mit der Qualität von Mayers Beobachtungen befasst. Mayer verwendete zur Beschreibung seiner Beobachtungen kartesische Koordinaten, wobei er den Abstand in Rektaszension (Gerade Aufsteigung) in Zeitsekunden angab. Der nächste Schritt bestand also darin, die Zeitabstände in Rektaszension in das Bogenmaß umzurechnen. Da die scheinbare Bewegung eines Sterns von seinem Abstand vom Himmelsäquator abhängt, musste die Deklination von 1778 des jeweiligen Sterns berücksichtigt werden. Aus den nun vorliegenden Angaben konnten aus den kartesischen Koordinaten die Polarkoordinaten berechnet werden, wie sie heute für die Beschreibung von Doppelsternen üblich sind.

Mayer 8, Mayer 10, Mayer 15, Mayer 32, Mayer 37, Mayer 48, Mayer 51 und Mayer 63 waren in seiner "Tabula Nova Stellarum Duplicium" von 1779 nicht enthalten [1], da sie bereits lange als Doppelsterne bekannt waren. Sie sind in Tabelle 1 in grauer Schrift aufgeführt. Die Werte stammen aus Bodes Astronomischen Jahrbuch für 1784 [2].

Als letztes folgte eine Überprüfung von Mayers Beobachtungsergebnissen durch Vergleich mit aktuellen Werten aus dem Washington Double
Star Catalog (WDS) [5]. Bei vielen Doppelsternsystemen ist selbst nach über 200 Jahren kaum eine Bewegung feststellbar. Lag für ein Doppelsternsystem eine Bahnberechnung vor, so wurden die Ephemeriden für das Jahr 1778 berechnet und anstelle der Werte im WDS zum Vergleich herangezogen. Anhand der Differenz zwischen Mayers Ergebnissen und den Werten aus der Ephemeriden Rechnung bzw. aus den Werten des WDS können die Beobachtungsergebnisse beurteilt werden. Die ursprünglich hier dargestellten Diagramme über die relativen Fehler der Abstände und der Winkelmessungen (Revision 2.11) wurden im Rahmen der Revision 3.1 (2020) komplett überarbeitet und durch die Berechnung des absoluten Fehlers abgelöst.

In Tabelle 1 sind die 80 Doppelsterne aus dem "Astronomischen Jahrbuch für 1784" zusammengefasst. Die Abstände und Winkel stammen allerdings - soweit möglich - aus Mayers Tabula Nova Stellarum Duplicium, da hier die nicht reduzierten Messergebnisse (in Kartesischen Koordinaten) aufgeführt sind.


Nr.
Mayers
Beschreibung [2]
Heutige
Beschreibung
WDS [5]
Abstand in "
Mayer 1778 [1]
Winkel in °
Mayer 1778 [1]
Helligkeit [5] in
mag
Mayer 1 Andromeda HIP3617+HIP3620 00464+3057 45,9
238
7.25,7.43
Mayer 2 Androm. 74 Psi Pisces 01057+2128 32,5
154
5.27,5.45
Mayer 3 zeta Fische Zeta Piscis 01137+0735 24,3
67
5.22,6.15
Mayer 4 bei my Fische BSC419 01269+0332 4,2
180
6.65,9.51
Mayer 5 Gamma Widder Gamma Arietis 01535+1918 12,5
193
4.52,4.58
Mayer 6 Lambda Widder Lambda Arietis 01579+2336 38,7
46
4.80,6.65
Mayer 7 Gamma Andromeda Gamma Andromedae 02039+4220 12,2
62
2.31,5.02
Mayer 8 Alpha Widder Alpha Arietis entfällt entfällt
entfällt
2.0
Mayer 9 20 Widder 30 Arietis 02370+2439 41,4
276
6.50,7.02
Mayer 10 Wahlfisch BSC587 (?) 02004-0831 22,2
98
5.5,9.8
Mayer 11 Stier BSC1065 03313+2734 26,7
90
6.58,6.93
Mayer 12 tau Stier Tau 94 Taurus 04422+2257 60,3
210
4.24,7.02
Mayer 13 Stier BSC1600 04590+1433 43,6
303
6.06,7.43
Mayer 14 Orion Sigma Ori AB-D, AB-E
05387-0236 25,8/36,6
36/55
3.76,6.56,6.34
Mayer 15 Delta Orion Delta Orionis 05320-0018 50,0
0
2.41,6.83
Mayer 16 bei Zeta Orion TYC 4771-01005-1 (?)
05441-0229 15,0
90
9.43,9.77
Mayer 17 Zwillinge s. spez. Anmerk. entfällt 72,9
310
-
Mayer 18 Or. (11 Einh.) Or. (11 Einh.) 06288-0702 9,6
322
4.62,5.00
Mayer 19 20 Zwillinge HIP31156 / HIP31158 06323+1747 22,2
211
6.31,6.88
Mayer 20 Zwillinge HIP31323 / HIP31316 06341+2207 47,0
62
7.17,7.41
Mayer 21 Castor Alpha Geminorium 07346+3153 9,6
293
1.93,2.97
Mayer 22 Zeta Krebs Zeta Canceri 08122+1739 7,7
180
5.05,6.20
Mayer 23 2. Phi Krebs Phi 2 Canceri 08268+2656 8,8
131
6.16,6.21
Mayer 24 Krebs, dunkel 24 Canceri 08267+2432

6.92,7.53
Mayer 25 iota Krebs Iota Canceri 08467+2846 32,6
307
4.13,5.99
Mayer 26 bei pi Krebs TYC0825-01529-1 09123+1500 6,0
0
6.56,10.40
Mayer 27 bei pi Krebs s. spez. Anmerk. entfällt entfällt
entfällt
entfällt
Mayer 28 54 Löwe 54 Leonis 10556+2445 7,2
110
4.48,6.30
Mayer 29 bei tau Löwe Nr. 83 83 Leo 11268+0301 28,9
51
6.55,7.50
Mayer 30 tau Löwe Tau Leonis 11279+0251 39,9
158
5.05,7.47
Mayer 31 a Wasserschlange BSC4443 11323-2916 13,6
137
5.64,5.73
Mayer 32 Haar der Berenike BSC4698 12207+2703 -
-
7.04,7.13
Mayer 33 gamma Jungfrau Gamma Virginis 12417-0127 9,8
130
3.48,3.53
Mayer 34 12 Jagdhunde Alpha Canis Venatici 12560+3819 22,4
226
2.85,5.52
Mayer 35 54 Jungfrau 54 Virginis 13134-1850 21,5
266
6.78,7.19
Mayer 36 Jungfrau HIP64638 13149-1122 30,3
77
7.11,8.18
Mayer 37 Zeta gr. Bären Zeta Ursa Majoris 13239+5456 0,0
-
2.23,3.88
Mayer 38 Pi Bootes Pi 29 Bootes 14407+1625 7,4
106
4.88,5.79
Mayer 39 Beta Scorpion Beta Scorpius 16054-1948 15,4
40
2.59,4.52
Mayer 40 Ny Scorpion Nü Scorpius 16120-1928 42,0
336
4.35,5.31
Mayer 41 12 im Herkules 36 Herculis 16406+0413 70,3
228
5.76,6.92
Mayer 42 A Ophiuch. 36 Ophiuchi 17153-2636 13,2
180
-
Mayer 43 alpha Herkules Alpha Herculis 17146+1423 8,7
118
3.48,5.40
Mayer 44 39 Ophiuch. 39 Ophiuchi 17180-2417 14,0
180
5.23,6.64
Mayer 45 71 Herkules 70 (!) Herculis
17209+2430 2,4
56
5.12,9.33
Mayer 46 roh Herkules Roh 75 Herculis 17237+3709 7,6
291
4.50,5.40
Mayer 47 61 Ophiuch. 61 Ophiuchi 17446+0235 19,9
102
6.13,6.47
Mayer 48 b Schützen Beta Sagittarius 19226-4428 -
-
3.98,7.21
Mayer 49 beim Oph. s. spez. Anmerk. entfällt 1,4
90
-
Mayer 50 Herkul. 95 Herculis 18015+2136 8,5
260
4.85,5.20
Mayer 51 rho Ophiuch 70 Ophiuchi 18055+0230 7,6
90
5.07,5.74
Mayer 52 Herkules 100 Herculis 18078+2606 17,5
180
5.81,5.84
Mayer 53 Schlange HIP89489 18157-0321 0,0
90
7.48,10.22
Mayer 54 Schütze BSC6848 (?)
18187-1837 9,9
90
6.86,7.63
Mayer 55 Ophiuchus 61 Serpentis entfällt 2,0
0
-
Mayer 56 zeta Leyer Zeta Lyrae 18448+3736 45,3
148
4.34,5.62
Mayer 57 epsilon Leyer 4 Epsilon Lyrae 18443+3940 3,8
38
5.15,6.10
Mayer 58 5. Leyer 5 Epsilon Lyrae 18443+3940 2,5
180
5.25,5.38
Mayer 59 beta Leyer Beta Lyrae 18501+3322 48,4
151
3.63,6.69
Mayer 60 theta Schlange Theta Serpentis 18562+0412 23,4
106
4.59,4.93
Mayer 61 eta Leyer Eta Lyrae 19138+3909 23,5
90
4.38,8.58
Mayer 62 beta Schwan Beta Cygni 19307+2758 33,9
54
3.19,4.68
Mayer 63 bei gamma Schwan s. spez. Anmerk. unbekannt 7,0
180
7.38,10.74
Mayer 64 omega Steinbock Omega Capricornus 20299-1835 25,6
242
5.91,6.68
Mayer 65 Delphin BSC7840 20312+1116 15,2
103
7.12,7.39
Mayer 66 über beta Delphin
HIP 101698 20368+1444 29,5
249
8.35,8.42
Mayer 67 gamma Delphin Gamma Delphinus 20467+1607 17,5
278
4.36,5.03
Mayer 68 beim Füllen Epsilon Equuleus 20591+0418 13,8
78
5.30,7.05
Mayer 69 Schwan HIP104064 21050+3526 15,3
126
7.38,10.74
Mayer 70 Schwan 61 Cygni 21069+3845 15,3
51
5.35,6.10
Mayer 71 Schwan HIP104417 21091+3844 6,0
180
7.61,9.57
Mayer 72 my Schwan My Cygni 21441+2845 11,2
109
4.75,6.18
Mayer 73 Wassermann HD208718 21580+0556 15,5
75
7.21,7.73
Mayer 74 Zeta Wassermann Zeta Aquari
22288-0001
4,6
221
5.27,5.45
Mayer 75 Wassermann HIP114702 23141-0855 26,0
180
7.60,8.17
Mayer 76 Wassermann HD220436 23238-0828 -
-
7.21,7.67
Mayer 77 Fische HIP116035 23307+0515 -
-
7.77,8.37
Mayer 78 Andromeda TYC2772-00004-1 23543+3154 0,0
-
8.25,10.37
Mayer 79 omega Fische Omega Fische
entfällt -
-
-
Mayer 80 Andromeda BSC9075 23595+3343 4,3
180
6.46,6.72
Tabelle 2 : Zusammenstellung der Doppelsterne nach Mayer, die Daten stammen aus Mayers "De novis in coelo sidereo phaenomenis in miris stellarum fixarum comitibus" [1], Bodes "Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1784" [2] und dem Washington Double Star Catalog (WDS) [5].

Fehleranalyse (Revision 3.1)

In Revision 2.1 von 2007 erfolgte eine einfache Fehleranalyse von Mayers Messungen durch Vergleich seiner in Polarkoordinaten reduzierten Ergebnissen mit Werten aus dem WDS oder - wenn möglich - mit Ephemeriden. Durch die Reduktion glichen sich zum Teil die Messfehler in Rektaszension und Deklination aus, eine grundlegende Aussage über Mayers Beobachtungsgenauigkeit war somit nicht gegeben. Daher erfolgte in 2017 eine grundlegende Überarbeitung (Revision 3.0). Zur besseren Beurteilung seiner Messungen wurden seine Ergebnisse in Rektaszension und Deklination separat mit Werten aus dem WDS verglichen. Hierzu wurden die WDS-Werte aus Revision 2.1 von Polarkoordinaten in Kartesische Koordinaten umgerechnet. Die Differenz der einzelnen Werte zu Mayers Messungen konnte so als absoluter Fehler dargestellt werden, der im Gegensatz zum relativen Fehler eine direkte Aussage über Mayers Messgenauigkeit zulässt [9].

Eine Fehleranalyse ist allerdings nur dann aussagekräftig, wenn die Eigenbewegung beider Komponenten für alle Messungen berücksichtigt wird. Daher mussten die Kartesischen Koordinaten des WDS aus Revision 2.1 auf das Jahr 1778 zurückgerechnet werden. Dies war Gegenstand der hier vorliegenden Revision 3.1. Nachfolgende Abbildung zeigt diese Datentransformation exemplarisch für Mayer 1 = STFA 1:


Abbildung 3: Auswirkung der unterschiedlichen Eigenbewegung der Komponenten AB zwischen 1778 und 2007

Wie man Abbildung 3 entnehmen kann, bewegen sich die beiden Komponenten von Mayer 1 mit unterschiedlichen Eigenbewegungen (PM proper motion), so dass sich im Laufe der Zeit Abstand und Positionswinkel immer stärker voneinander unterscheiden. Nachfolgende Abbildungen zeigen den absoluten Fehler bei Mayers Messungen mit und ohne Berücksichtigung der Eigenbewegung:


Abbildung 4: Absoluter Messfehler in Rektaszension mit und ohne Korrektur der Eigenbewegung, oben vollständige Werte, unten sind Ausreißer > 10" halb transparent dargestellt


Abbildung 5: Absoluter Messfehler in Deklination mit und ohne Korrektur der Eigenbewegung, oben vollständige Werte, unten sind Ausreißer > 10" halb transparent dargestellt

Aus den Abbildungen 4 und 5 geht hervor, dass sich die Korrektur der Eigenbewegung kaum auf den absoluten Fehler der Messungen auswirkt. In manchen Fällen führt die Korrektur zu einer deutlichen Verbesserung (z.B. Mayer 1), in anderen Fällen zu einer Verschlechterung (z.B. Mayer 12). Nur bei Mayer 36, einem Schnellläufer wirkt sich die Korrektur der Eigenbewegung signifikant auf die Bestimmung des absoluten Fehlers aus. Der Grund warum sich die Korrekturen der Eigenbewegung kaum auf die Ergebnisse auswirken liegt darin, dass der mittlere Fehler der Messungen kaum größer wie die durchschnittliche Änderung der Eigenbewegung ist.

Ein großes Problem bei der Beurteilung der Beobachtungsergebnisse stellen die Ausreißer dar. Einige Ausreißer sind sofort ersichtlich. Es kann sich bei ihnen nicht um die von Mayer genannten Sterne handeln. Andere Ausreißer sind jedoch nicht so leicht zu identifizieren. Zur besseren Beurteilung wurde daher der Quartil Test [Q25 - Q75] herangezogen. Der Interquartilabstand (IQA) beträgt für alle R.A. Messungen [1,2" - 5,8"], für alle Messungen in Deklination [0,6" - 4,8"]. Absolute Fehler die den 2-fachen oberen Interquartilwert (Q75) überschreiten, werden hier als Ausreißer interpretiert. Sie wurden in der unteren Ansicht in den Abbildungen 4 und 5 jeweils halb transparent dargestellt.

Nach Eliminierung der Aussreißer verringert sich der IQA für Fehler in R.A. zu [0,8'' - 4,5''], für Fehler in Deklination zu [0,5'' - 2,5'']. Nun lässt sich auch ein absoluter Fehler für Mayers Messungen angeben. Der mittlere Fehler in Rektaszension beträgt 2,9", in Deklination 2,1". Die Annahme, dass Messungen in Rektaszension (Zeitmessung am Quadratranten mit Hilfe einer Pendeluhr) deutlich größere Fehler aufweisen wie die direkte Abstandsmessung in Deklination, kann somit nicht bestätigt werden.

Zum Schluss zeigt Abbildung 6 noch die Fehlerverteilung der absoluten Fehler von Mayers Messungen (ohne Ausreißer), eingeteilt in 10 Klassen von 1'' bis 10''. Wie sofort ersichtlich ist, sind die absoluten Fehler nicht normalverteilt.


Abbildung 6 : Fehlerverteilung

Zusammenfassung der Analyse :

  • Mittelwert des absoluten Fehlers in R.A. (ohne Ausreiser) : 2,9''
  • IQA für Q0,25 : 0,8''
  • IQA für Q0,75 : 4,5''
  • Mittelwert der Eigenbewegung in R.A.: 1,3''
  • Mittelwert des absoluten Fehlers in Deklination (ohne Ausreiser) : 2,1''
  • IQA für Q0,25 : 0,5''
  • IQA für Q0,75 : 2,5''
  • Mittelwert der Eigenbewegung in Deklination: 1,7''


Anmerkungen zu Mayers Beobachtungen

Mayer 1 :
"Andromeda" : Die Positionsangaben stimmen mit Delta Andromedae exakt überein. Delta Andromedae ist ein Mehrfachsystem dessen Komponenten Helligkeiten von 3,25 (A), 12,44 mag (B) und 15,7 mag (C) besitzen. Allerdings bezieht sich der Eintrag in Mayers Katalog nicht auf Delta Andromedae selbst, da die Begleiter für Mayer viel zu schwach gewesen sind um von ihm gesehen zu werden. Der Eintrag in Mayers Katalog bezieht sich auf einen Doppelstern, der etwa 1,5° östlich von Delta Andromedae steht.
Mayer 8 :
"alpha Widder" : Die Positionsangaben stimmen für 1778 mit den berechneten überein aber Alpha Arietis ist kein Doppelstern. Da es sich bei den Helligkeitsangaben nach um Komponenten von 2. und 9ter Größe handeln soll, kommt tatsächlich nur Alpha Arietis in Betracht, da alle anderen Sterne deutlich dunkler sind.
Mayer 10 :
"Wahlfisch" : In Rektaszension keine Übereinstimmung, beste Übereinstimmung in Deklination mit BSC587, auch der nur 6' entfernte HIP9406 kommt in Frage.
Mayer 14 :
"Orion" : Die genannte Position liegt zwischen Sigma Orionis und Eta Orionis. Wahrscheinlich ist Sigma Orionis gemeint, zumindest wird Sigma Orionis im Katalog von Herschel der Entdeckung Mayers zugeschrieben [2].
Mayer 16 :
Fehlinterpretation, Identifikation nicht mehr möglich. Anhand der Erfahrung von eigenen Messungen mit einem 80 mm Refraktor in Verbindung mit einem Fadenmikrometer muss davon ausgegangen werden, dass TYC 4771-01005-1 für Mayer nicht messbar war.
Mayer 17 :
"Zwillinge" : Bei genannter Position gibt es keinen Doppelstern. Der nächste Doppelstern ist HIP31000. Die Differenz in RA beträgt 1 Minute, in Deklination 23'.
Mayer 24 :
Es liegen keine Messwerte von Mayer vor, daher ist eine Überprüfung und sichere Identifikation nicht möglich (Revision 3.1).
Mayer 26 :
"bei pi Krebs" : Identifikation nicht möglich. Die Position trifft exakt auf Pi 81 Canceri zu. Nur 4' in südwestlicher Richtung von diesem befindet sich das 4-fach System TYC0825-01529-1, dessen hellste Komponenten von 6,6m und 10,4m Größe sind. Sie haben in einem Abstand von 206,7". Der Positionswinkel beträgt 216°.
Mayer 27 :
"bei pi Krebs" : Die Positionsangaben treffen exakt auf Pi 82 Canceri zu, allerdings handelt es sich bei diesem nicht um einen Doppelstern ! Auch in der näheren Umgebung von Pi 82 Canceri gibt es keinen Doppelstern. Ca. 11' östlich befinden sich die beiden Sterne HIP 45474 und GSC2 N2313230 45 in einem Abstand von lediglich 77". Ihre scheinbaren Helligkeit betragen 8,7m und 11,6m. Ob Christian Mayer mit seinem achromatischem Fernrohr Sterne dieser Helligkeit beobachten konnte darf allerdings bezweifelt werden.
Mayer 33 :
"gamma Jungfrau" : bereits von Bradley im Jahre 1718 beobachtet.
Mayer 45 :
"71 Herkules" : Weder im Bright Star Catalog [4] noch in meiner Sternkarte ist ein Stern mit der Bezeichnung 71 Herkules verzeichnet. Die Positionsangaben für 71 Herkules stimmen hingegen (Mai 1778) hervorragend mit dem heute als 70 Herkules bezeichneten Stern überein, auch die Angaben über die scheinbare Helligkeit mit 5. und 8. Größe treffen auf diesen Stern zu. Allerdings beträgt der Abstand 221" und nicht 2".
Die Bezeichnungen 70 Herkules und 71 Herkules gehen auf Flamstead bzw. Lalande zurück.
Auch Friedrich Wilhelm Herschel war sich nicht sicher, welcher Stern gemeint war. Herschel schrieb :
"Der 71. im Herkules, ein Stern 5. Größe ist verschollen. Der 70. und der 71 sind in Flamsteads Katalog so dicht beisammen, daß ohne Instrumente nicht festgelegt werden kann, welcher Stern gemeint ist. Es gibt einen kleinen teleskopischen Stern, in etwa 30 Minuten nordwärts in Richtung Mü Lyrae; sollte dies der 71. [Stern] sein, so sind beide bezüglich des Ortes und der Größe verwechselt. Der 40. Stern [gemeint ist der 45. Stern ! in Mayers Katalog] in Herrn Mayers Doppelsternsammlung (De novis in Coelo Sidero phaenomenis) scheint 70 Herkules von Flamstead zu sein. Jetzt erscheint dieser Stern perfekt einfach in meinem Teleskop, mit jeder Vergrößerung die ich versucht habe, wir können vermuten, daß einer dieser Sterne nun verschwunden ist und noch im Jahr 1778 sichtbar war, als Mayer ihn beobachtete, und zwar bereits mit einer verminderten Helligkeit von 5. zu 8. Größe." [6].
Mayer 49 :
"beim Oph." : im Umkreis von 1° um die genannte Position gibt es keinen Doppelstern !
Mayer 53 :
Mayers Messungen konnten durch Rückrechnung anhand der unterschiedlichen Eigenbewegung beider Komponenten mit sehr guter Übereinstimmung bestätigt werden (Revision 3.1).

Mayer 54 :
Identifikation nicht sicher. Der absolute Fehler liegt selbst nach Rückrechnung der Eigenbewegung beider Komponenten weit außerhalb der 0,75-Quartil (Revision 3.1)
Mayer 55 :
"Ophiuchus beide 9ter" : die Koordinaten stimmen sehr gut mit dem Stern 61 Ser überein. Dieser ist allerdings kein Doppelstern !
Mayer 48 :
"b Schützen" : von Bradley entdeckt. Von Mannheim aus nicht zu beobachten.
Mayer 63 :
"Der Stern Gamma im Schwanen ist ja viel tausend mal von anderen Sternkundigen beobachtet worden, es ist ein glänzender Stern von der dritten Größe. Gleich nach ihm, nur 4 Sek. in der Zeit später, sieht man jetzo einen kleinen Doppeltstern, wovon beide mir von der 9ten Größe scheinen. Derselben Licht ist weit schwächer und weisser als das Licht von den Jupiters Trabanten. Sie stehen gerad übereinander, ohngefähr 7 bis 8 Sek.; ich sage ohngefähr; weilen ich diese Entfernung wegen großer Verwunderung mit dem Micrometer genau zu messen vergaß, auch nur so viel sagen kann, daß beide sehr wenig nördlicher sind als Gamma des Schwanen. Die Beobachtung ist vom 19. Aug. 1776." [7]
Mayer 66 :
"über beta Delphin" : HIP101698, 13' nordwestlich von Beta Delphinus entfernt.
Mayer 71 :
"Schwan"  : Der Doppelstern HIP104417 stimmt mit der von Mayer genannten Position sehr gut überein. Allerdings bestehen sehr große Abweichungen bezüglich der Helligkeit der Komponenten und deren Abstand zueinander. Auch im näheren Umkreis gibt es keinen Doppelstern, der mit Mayers Angaben diesbezüglich übereinstimmt. HIP 104417 befindet sich lediglich 30' nordöstlich von 61 Cygni entfernt.
Mayer 75 :
"Wassermann" : HIP 114708 ist rund 30' nordwestlich von Psi 1 Aquarius entfernt.
Mayer 78 :
"Andromeda, 6. und 9ter [Größe]" : Die Identifikation ist unsicher. Der von der genannten Position nächst gelegene Doppelstern ist TYC 2772-00004-1 mit einem Abstand in Rektaszension von immerhin 2 min.
Mayer 79 :
"Omega Fische" : die Koordinaten stimmen überein. Im WDS [5] wird dieser Stern allerdings nicht als Doppelstern geführt, im Bright Star Catalog [5] wird eine Komponente in aktuell 1,0" Abstand genannt. Wie groß der Abstand 1778 war ist leider nicht bekannt. Der Kontrastunterschied beträgt 4,3 mag zu 6,5 mag. Ich selbst konnte bei 120-facher Vergrößerung mit meinem 8-Zoll-Newton Teleskop keine Doppelnatur erkennen. Wie bereits bei Alpha Arietis gibt er den Begleiter mit einer Helligkeit von 9 mag an. Nachfolgend Mayers Beschreibung :
"Es war voriges Jahr 1777 den 29. Nov. als mein Beigeordneter [Johann Metzger] auf der kurfürstlichen Sternwarte zum erstenmal wahrgenommen, daß der Stern omega der Fische ein Doppeltstern ist. Dieser Stern schiene dem ohngeachtet so groß, als ein Stern von der 4ten Größe. Des Herrn Tobias Mayers Sternregister setzet ihn unter die Sterne von der 5ten Größe; er hat ihn zu Göttingen in den1756 und vorgehenden Jahren mit seinem trefflichen birdischen Werkzeuge viermal beobachtet und jederzeit als einen einfachen Stern wahrgenommen; eben so hatte ich ihn noch den 27. Sept. 1777 befunden, er ist aber jetzt ein Doppeltstern, und was das Wunder vergrößert, ist, daß der nächst an ihm stehende kleine Stern, sehr matt an Licht, unscheinbar und ohne funkelnde Strahlen ist, so, wie die Trabanten unseres Jupiters erscheinen, wenn sie kurz vorher aus dem Schatten dieses Planeten ausgetreten sind. Dieser kleine Trabant stehet nächst an dem Hauptsterne, so daß man selben zu entdecken, ein fürtreffliches Seherohr vonnöthen hat, er steht in dem nämlichen Scheitelzirkel ohngefähr 2 Sek. nördlicher als der Stern omega von Fischen." [7]


Friedrich Wilhelm Herschel über Mayers Doppelsternverzeichnis von 1779

Friedrich Wilhelm Herschel kannte Mayers Doppelsternverzeichnis. Viele der darin aufgeführten Sterne hatte Herschel in der Zeit von 1779 bis 1781 bereits selbst beobachtet. Sein Doppelstern Katalog erschien im Jahr 1782 und enthielt 269 Doppelsterne. Den Doppelstern Darstellungen folgte im Nachwort eine 6-seitige Kritik an Mayers Beobachtungen, die sich primär auf die verwendete Vergrößerung und die Genauigkeit der Positionsmessung in Rektaszension bezog. Am Himmelsäquator legt ein Stern durch die scheinbare Bewegung des Himmels in einer Zeitsekunde die Strecke von 15" zurück. Da Christian Mayer den Meridiandurchgang in der Regel auf 0,5 Zeitsekunden genau bestimmte, konnte der Fehler bis zu 7,5" in Rektaszension betragen. Trotz seiner Kritik räumte er Christian Mayer die Priorität der Entdeckung der Doppelsterne ein :

"Seit ich meine Arbeiten über die Parallaxe der Fixsterne, in der auch obiger Katalog der Doppelsterne enthalten ist, abgegeben habe, habe ich von unserem Präsidenten Sir Joseph Banks den vierten Band der Acta Academiae Theodore Palatinae bekommen, welche die exzellente Darstellung von Herrn Mayers De novis in Coelo sidereo Phaenomenis enthält, worin ich sehe, daß die Idee der Ermittlung der Eigenbewegung der Sterne durch den kleineren Stern in kurzer Distanz zum Größeren, von dem Herrn vorgestellt wurde [gemeint ist Christian Mayer], bevor ich selbst nach solchen kleinen Sternen suchen konnte. Im Rahmen dieser Unternehmung hat er eine große Anzahl von Doppelsternen entdeckt, die er uns in einer feinen großen Liste mitteilt, einige dieser sind die gleichen wie in meinem Katalog. Meiner Ansicht nach benötigt man zur Bestimmung der jährlichen Parallaxe wesentlich nähere Sterne als die, die Herr Mayer genannt hat, deswegen habe ich den Himmel mit sehr viel größerer Vergrößerung nach solchen durchsucht." [3].

Während es Christian Mayer bei seinen Beobachtungen ursprünglich um eine Methode zur Untersuchung der Eigenbewegung der Fixsterne ging (vgl. Mayer 36), so hoffte Herschel hingegen eine Methode zur Bestimmung der Fixsternparallaxe zu finden ! [6]

Johann Elert Bodes Bemerkungen über Mayers Verzeichnis von 1781

"Die in gegenwärtiger Tafel verzeichneten Doppelsterne sind fast alle vom Herrn Hofastronomus Mayer, auf der Churfürstl. Sternwarte zu Mannheim, mit einem 8 füssigen Birdischen Mauerquadranten zuerst beobachtet worden. Bisher waren schon von Cassini, Flamstead, Bradley und Tob. Mayer einige Doppelsterne bemerkt, worunter gamma Widder, gamma Jungfrau, alpha Zwillinge, theta Schlange, alpha Ophiuch, alpha Wasserschlange, zeta Zwillinge, omicron Steinbock die bekanntesten sind; allein Herr Mayer in Mannheim hat mit ganz besonderem Fleiß dergleichen Sterne am Himmel aufgesucht und viele bisher nicht bekannte entdeckt. Doppelsterne nennt man diejenigen Sterne, welche sich mit bloßem Augen einzeln, durch minder oder mehr vergrößernde, oft nur durch sehr vollkommene Fernröhre aber, entweder aus zwei gleich großen, oder ungleich großen Sternen, die nur einige Sekunden auseinander zu stehen scheinen, zusammen gesetzt sich darstellen. In der vorigen Tafel ist die gerade Aufsteigung [Rektaszension] und Abweichung [Deklination] der Doppelsterne für die Jahre der Beobachtung 1777 oder 1778 nach Herrn Mayer oder Flamstead angesetzt und soll nur zur Aufsuchung derselben dienen. Den scheinbaren Abstand in der 7ten Kolumne habe ich aus dem Unterschied in der Aufsteigung und Abweichung berechnet. In der letzten Kolumne wird angezeigt, nach welcher Gegend der kleinere Stern von dem größeren steht.

S.O. heißt Südöstlich neml. linker Hand unterwärts.
N.O. heißt Nordöstlich neml. rechter Hand aufwärts.
S.W. heißt Südwestlich neml. rechter Hand unterwärts.
N.W. heist Nordwestlich neml. rechter Hand aufwärts.

Die genauen Beobachtungen der Doppelsterne können mit der Zeit ganz vorzüglich dazu dienen, die eigene Bewegung der Fixsterne zu entdecken, weil man sich dabei gleichsam durch den Augenschein überführen kann, daß der eine oder der andere Stern fortgerückt ist, so bald der Abstand nur um wenige Sekunden sich verändert. Herr Mayer hat auch wirklich schon verschiedene hierauf führende merkwürdige Beobachtungen gemacht.*) Die Astronomen würden aber schon längstens in dieser Kenntnis weiter gekommen sein, und Gelegenheiten zu noch sichereren Schlüssen haben, wenn Flamsteads und anderen älteren Sternverzeichnissen mehrere Doppelsterne bemerkt wären und wenn man sich auf ihre Ortsangaben der Fixsterne bis auf einzelne Sekunden völlig verlassen könnte. So aber ist man ehemals auf diese sogenannten Doppelsterne nicht aufmerksam genug gewesen, und dann ergibt sich auch aus Flamsteads Verzeichnis sehr deutlich, daß derselbe die Aufsteigung und Abweichung der Sterne nur bis auf 10 höchstens 5 Sekunden genau durch seine Beobachtungen herausbringen können.

*) Siehe dessen Vertheidigung neuer Beobachtungen von Fixsterntrabanten &c. 8. Mannheim 1778 (über welche Schrift Hr. Prof. Fuß in Petersburg nächstens eine Abhandlung herausgeben wird) und de novis in coelo sidereo Phaenomenis &c. 4. Mannheim 1779" [2].



Quellennachweis

[1] Christian Mayer, De novis in coelo sidereo phaenomenis in miris stellarum fixarum comitibus, Mannheim 1779
[2] Christian Mayer, Verzeichniss aller bisher entdeckten Doppelsterne, Berliner Astronomisches Jahrbuch für 1784, Herausgegeben von Johann Elert Bode, 1781
[3] Wiliam Herschel, Catalog of Double Stars, Philosophical transactions of the Royal society of London, 1782 Vol. 72
[4] Bright Star Catalog, http://www.alcyone.de/SIT/bsc/bsc.html
[5] The Washington Double Star Catalog
[6] Wiliam Herschel, On the proper Motion of the Sun and Solar System, Philosophical transactions of the Royal society of London, 1783 Vol. 73 Part 2
[7] Christian Mayer, Gründliche Vertheidigung neuer Beobachtungen von Fixsterntrabanten, welche zu Mannheim auf der kurfürstlichen Sternwarte entdeckt worden sind, Mannheim 1778
[8] Redshift 5, Maris Technologies, United Soft Media GmbH
[9] Professor Dr. P. Brasche, private Kommunikation 2017



Revisionsbezeichnungen

12/2005 : Revision 1.00 : Identifikation von Mayers Doppelsternen
03/2006 : Revision 1.01 : Korrektur Mayer 10, Mayer 13, Mayer 17 und Mayer 59
08/2007 : Revision 2.00 : Qualitative Überprüfung von Mayers Beobachtungen

10/2007 : Revision 2.10 : Vergleich mit den Ergebnissen von Dr. Brian Mason,
U.S. Naval Observatory
08/2009 : Revision 2.11 : Quadrant Shift bei Abb. 4
02/2020 : Revision 3.10 : Fehleranalyse, komplett überarbeitet





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